Abschlusskonferenz: Klimaschutz bietet große Chancen für den ländlichen Raum

Nachhaltig, wirtschaftlich und vor Ort – bundesweit belegen zahlreiche positive Beispiele, dass Klimaschutz die Entwicklung des ländlichen Raums entscheidend fördern kann. Auf der Konferenz „Regionalentwicklung durch kommunalen Klimaschutz“ wurde diskutiert, wie das am besten erreicht werden kann.

05.07.2022

Wie kann Klimaschutz – durch Wertschöpfung und Wirtschaftlichkeit – den ländlichen Raum voranbringen? Wie (und mit wem) kann die Energiewende hin zur Energiesouveränität gelingen? Und wie können weitere positive Effekte von Klimaschutz strategisch genutzt werden? Mit diesen und weiteren Fragen haben sich rund 80 Teilnehmende aus Landkreisen, Regionalverbänden, Beratungsinstituten sowie aus Bund und Ländern auf der Konferenz beschäftigt. Zudem haben sie sich über Strategien, Rahmenbedingungen und gute Praxisbeispiele für regionale Entwicklung durch Klimaschutz ausgetauscht.

So können etwa Landkreise und Regionalmanager*innen als zentrale Vermittler das Zusammenspiel der Akteur*innen entscheidend verbessern und so Klimaschutzprozesse anstoßen, die neben der Treibhausgasminderung auch noch viele andere positive Effekte mit sich bringen.„Landkreise stehen im Zuge der Klimakrise vor einer neuen Rolle. Vor Ort müssen die Windräder gebaut werden, vor Ort finden sich neue Kooperationen etwa zur Nutzung von Abwärme zusammen. Die Landkreise wirken bei dieser Transformation im Rahmen vieler Klimaschutzvorhaben als Initiator, Motivator oder Moderator ihrer kreisangehörigen Kommunen. Denn auf allen Ebenen bedarf es eines Kulturwandels. Klimaschutz ist kein zusätzliches Anliegen, sondern zentrale politische Aufgabe, damit im ländlichen Raum neue Perspektiven und Formen der Wertschöpfung entstehen“, so Anna Kebschull, Landrätin des Landkreises Osnabrück bei einem Podiumsgespräch.

Interkommunale Kooperationen zahlen sich aus

„Auch auf Landesebene hat sich die Wahrnehmung in den letzten Jahren stark verändert. In Hessen standen Landkreise etwa lange Zeit nicht im Fokus von Klimaschutzvorhaben. Inzwischen sind alle Landkreise in Hessen der Charta der Klima-Kommunen beigetreten und sind ein selbstverständlicher Bestandteil des Bündnisses Klima-Kommunen Hessen. Klimaschutz und Klimaanpassung sind Querschnittsaufgaben für die Regionalentwicklung“, sagt Marie Martin vom Umweltministerium des Landes Hessen.

„Durch die Nationale Klimaschutzinitiative, kurz NKI, fördert und initiiert die Bundesregierung Klimaschutzprojekte von Städten, Gemeinden und Landkreisen. Von 2008 bis Ende 2021 haben wir durch die NKI rund 21.500 Projekte in mehr als 4.450 Kommunen mit rund 965 Millionen Euro unterstützt. Es wurden so insgesamt Investitionen in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro ausgelöst. Gerade mit Blick auf die lokale Wertschöpfung ist Klimaschutz auch im ländlichen Raum eine Chance zur Entwicklung. Hier setzen wir mit unserer Förderung an und unterstützen Kommunen durch vielfältige Maßnahmen, um diese Chancen auch nutzen zu können“, ergänzt Dr. Sven Reinhardt, Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).

Podiumsdiskussion, v.l.n.r.: Dr. Sven Reinhardt, BMWK; Marie Martin, Umweltministerium Hessen; Landrätin Anna Kebschull, Landkreis Osnabrück; und Moderator Dr. Marcus Andreas

Regionale Wertschöpfung durch Ausbau erneuerbarer Energien

„Ein nüchterner Blick auf die Zahlen zeigt: Nachhaltiges Wirtschaften ist das bessere Wirtschaften. Bis 2045 kann Deutschland das Nullemissionsziel kostenneutral erreichen. Dabei besteht gerade im ländlichen Raum eine enorme Chancenvielfalt für den Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft innerhalb einzelner Regionen oder Quartiere. Dadurch werden lokale Potenziale in Wert gesetzt, Ausgaben an anderen Stellen reduziert und die regionale Kaufkraft gesteigert. Erfolgsbeispiele gibt es viele. Im Landkreis Vulkaneifel wird sich etwa alleine durch den Ausbau erneuerbarer Energien die regionale Wertschöpfung bis 2030 auf rund 1,2 Milliarden Euro erhöhen“, erläutert Prof. Dr. Peter Heck von der Hochschule Trier in einer Keynote.

Wie einzelne Wege zu klimaneutralen Kommunen aussehen können oder bereits verlaufen, und wie die konkrete Inwertsetzung von Klimaschutz im ländlichen Raum gelingt, haben die Teilnehmenden anschließend in mehreren Workshops nochmals vertieft erörtert. Anhand praktischer Beispiele und Erfahrungen der Anwesenden fand ein intensiver Austausch statt.

Prof. Dr. Peter Heck, Professor für Umweltwirtschaft an der Hochschule Trier

Mit Start-up-Methoden Produkte entwickeln

Die Konferenz, die Ende Juni in Berlin stattfand, bildete den Abschluss des NKI-geförderten Projekts „LAND-KREIS-GEMEINDE: Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung setzen“. Das Projekt hat Landkreise und ihre strategischen Partner darin unterstützt, das Zusammenspiel der Akteur*innen einer Region zu verbessern und Klimaschutzprozesse anzustoßen, die sich positiv auf die regionale Wertschöpfung auswirken. So hat das Projekt etwa eine Methode zur Produktentwicklung aus der Start-up-Szene für den kommunalen Klimaschutz angepasst, das sogenannte „Klima-Canvas“.

Mit diesem Klima-Canvas und einem eigens entwickelten Handbuch wurden rund 90 Kommunen in der Entwicklung von Klimaschutzprojekten für die regionale Entwicklung geschult. „Im Rahmen von Coachings und Trainings sind unzählige hervorragende Ideen entstanden, etwa ein Sanierungskonzept, das Nahwärme aus einem Bioreaktor aus Algen einbezieht, eine Biomasseanlage für Grünschnitt oder ein regionales Pfandbechersystem mit lokalen Motiven, um hier nur ein paar Beispiele zu nennen“, sagt Lia Weitz, Senior Advisor bei adelphi und Leiterin des Projekts.

Lia Weitz, Senior Advisor bei adelphi, fasst die Erkenntnisse und Highlights zusammen.

Das Projekt „LAND-KREIS-GEMEINDE“ und die Konferenz „Regionalentwicklung durch kommunalen Klimaschutz“ wurden von den Verbundpartnern adelphi und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg durchgeführt. Die Konferenz fand zudem unter Mitwirkung des Deutschen Landkreistags, des Service- und Kompetenzzentrums kommunaler Klimaschutz (SK:KK) sowie der beiden Instituten kommunare und ifeu statt.

KontaKt: Leonie Kattermann