Coronakrise: Umwelt- und sozialbewusste Unternehmen in Entwicklungsländern sind innovativ

Sewing at Kibebe - SEED

Die Pandemie wirkt sich auf Unternehmen aus: unterbrochene Lieferketten, finanzielle Verluste, Entlassungen. Doch einige Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern reagieren innovativ, um selbst die Krise zu überstehen und um Probleme lokaler Gemeinschaften zu lösen.

27.04.2020

Um die Ausbreitung von COVID-19 zu stoppen, haben Länder weltweit ihre Bevölkerung aufgefordert, sich in häusliche Isolation zu begeben und Verkehrsmittel, Unternehmen und Dienstleistungen – mit Ausnahme systemrelevanter Industrien – stillzulegen. Die Auswirkungen der Pandemie auf Unternehmen sind beispiellos, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Entwicklungs- und Schwellenländern, die sich in der Gründungsphase befinden oder nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen, haben mit der Situation zu kämpfen.

Auswirkungen von COVID-19 auf KMU in Entwicklungsländern

In einigen Ländern verursachen die strikten Bewegungseinschränkungen, die fehlenden Transportmöglichkeiten, der Arbeitskräftemangel und die Geschäftsschließungen schwerwiegende Störungen in den Lieferketten. Da landwirtschaftliche Betriebe ihre Ernte nicht verkaufen können, kommt es zu Lebensmittelverlusten und wirtschaftlichen Einbußen. Firmen, die sich auf umweltfreundliche Technologien spezialisiert haben (z.B. Solarpaneele), stehen vor Liefer- und Wartungsschwierigkeiten. Doch das sind nur einige Beispiele.

Unvollständige Informationen wie beispielsweise die Verbreitung von Fehlinformationen oder von unwissenschaftlichen Präventionsmaßnahmen bis hin zu wirkungslosen "Heilmitteln" für COVID-19 verursachen zusätzliche Schwierigkeiten.

Die zusätzlichen Auswirkungen der durch COVID-19 verursachten Entlassungen und Einkommensverluste bedrohen die Lebensgrundlagen von Familien und folglich deren Resilienz, die Pandemie zu überstehen.

Die von SEED unterstützten Unternehmen finden Lösungen für die Probleme der Pandemie

SEED ist eine globale Partnerschaft zur Förderung nachhaltiger Entwicklung und der Green Economy weltweit. Seit 2002 fördert SEED umwelt- und sozialbewusste Unternehmen. Einige der von SEED unterstützten Unternehmen zeigen nun zunehmend Widerstandskraft gegen die durch die Pandemie verursachten Probleme: sie entwickeln alternative Transportmöglichkeiten und konzentrieren sich auf neue Produkte, Märkte und Partnerschaften. Einige innovative, umwelt- und sozialbewusste Unternehmen haben nicht nur einfallsreiche Wege entwickelt, um selbst die Krise durchzustehen, sondern haben sich der Probleme angenommen, denen Gemeinschaften aufgrund der COVID-19-Krise ausgesetzt sind.

Verbreitung wichtiger Informationen über COVID-19 an Landwirte

Normalerweise dient die mobile Plattform Farmerline dazu, Landwirten bewährte Verfahren und Wettervorhersagen mitzuteilen. Doch in der aktuellen Krise wird die Plattform auch dazu genutzt, Bauern und Bäuerinnen in ganz Ghana essenzielle Informationen der Weltgesundheitsorganisation über COVID-19 zu vermitteln. Die versendeten Nachrichten erklären, was das Virus ist, wie es sich verbreitet, auf welche Symptome zu achten ist und welche Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Durch Sprach- und SMS-Nachrichten werden wichtige Tipps und Ratschläge in den Landessprachen verbreitet. Bislang wurden 43.732 Minuten COVID-19-Tipps in Twi an 7.844 Landwirte verschickt. Über soziale Medien werden derzeit Freiwillige angeworben, um Sprachnachrichten in 13 weiteren lokalen Sprachen aufzuzeichnen.

Lösungsansätze für fehlende Gesichtsmasken und Schutzausrüstung

Während der Krise musste Ecoplastile seine Tätigkeit in Uganda einstellen. Das Unternehmen verarbeitet eigentlich Kunststoffabfälle zu Baumaterial. Doch in der Krise erkannte Ecoplastile die Umwelt- und Gesundheitsprobleme, die mit der Verwendung von Einwegmasken innerhalb der Gemeinde einhergehen. In Zusammenarbeit mit dem australischen Impact Investment Venture EarthTech begann das Unternehmen mit der Produktion von biologisch abbaubaren Mehrweg-Gesichtsmasken. Ecoplastile bemüht sich derzeit um die Zusammenarbeit mit marginalisierten Jugendlichen und Frauen, die über Schneiderkenntnisse verfügen. Zusammen wollen sie die Produktion von Gesichtsmasken vorantreiben und die Bevölkerung Ugandas im Kampf gegen das Virus unterstützen.

In Simbabwe kooperieren zwei SEED-Unternehmen – Tonderai Nhura, Gründer von Biogenesis Organic Sweet Potatoes, und dessen Frau Doreen Nhura, Gründerin von Solar Bags Zimbabwe – für die Herstellung von Gesichtsmasken. Dabei erwägen sie, Gesichtsmasken aus recycelten Materialien zu nähen, um anschließend Krankenhäuser, Gefängnisse und die lokalen Bauernmärkte zu versorgen. Das Unternehmen verfügt bereits über einen Prototyp, muss jedoch noch die Zertifizierung abwarten, die sich aufgrund des derzeitigen Lockdowns in Simbabwe verzögert.

In Malawi ist auch Kibebe von COVID-19 betroffen. Ihr Hauptgeschäft ist der Verkauf von Accessoires aus recycelten Abfallprodukten – doch derzeit ist das nicht möglich. Als Folge der kritische Gesundheitssituation Malawis schulte das Unternehmen sein Personal auf die Herstellung von Gesichtsmasken um, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Zudem erwarb Kibebe 20 zusätzliche Nähmaschinen aus geschlossenen Schulen und 40 weitere durch einen Spendenzuschuss, um die Herstellung von Gesichtsmasken voranzutreiben. Vorübergehend konnten sogar weitere Mitarbeitende und Freiwillige eingestellt werden, um die Produktionskapazität zu erhöhen und die hohe Nachfrage nach Gesichtsmasken zu bewältigen. Neuerdings wird auch versucht, Schutzausrüstungen für Krankenhauspersonal herzustellen.  

Diese umwelt- und sozialbewussten Unternehmen nutzen neue Geschäftsmöglichkeiten und bewältigen gleichzeitig die dringenden Bedürfnisse ihrer Gemeinden. Solche Beispiele betonen die Notwendigkeit, zukünftig in KMUs zu investieren, damit diese weiterhin soziale, ökologische und wirtschaftliche Probleme bewältigen können.

Über SEED

adelphi ist Projektträger von SEED, einer globalen Partnerschaft zur Förderung nachhaltiger Entwicklung und der Green Economy weltweit. SEED wurde im Rahmen des World Summit on Sustainable Development 2002 in Johannesburg gemeinsam vom United Nations Environment Programme (UNEP), dem United Nations Development Programme (UNDP) und IUCN (International Union for Conservation of Nature) gegründet. Derzeit wird SEED vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) und der Regierung von Flandern finanziert. Seit 2006 unterstützt adelphi SEED als Implementing Partner und verantwortete die Durchführung mehrerer Programmkomponenten. 2013 hat adelphi die Projektträgerschaft übernommen und implementiert sämtliche Aktivitäten im Rahmen des SEED-Programms.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website von SEED.
 
Ansprechpartnerin: Linde Wolters