Nachhaltiges Grundwasser-Management für die Zukunft

Nachrichtentext

Obwohl die künstliche Grundwasseranreicherung (MAR) viele Vorteile bietet, ist ihr Beitrag zur Wassersicherheit auf globaler Ebene noch begrenzt. Um die mit MAR verbundenen Risiken zu verringern, hat adelphi Akteur:innen geschult und die Nutzung eines innovativen webbasierten Echtzeit-Überwachungs- und Kontrollsystems vorangebracht. Ein Insight in die impact-Arbeit von adelphi.

Das unsichtbare Blaue Gold

Es ist unsichtbar und galt lange als Mysterium. Bis ins 17. Jahrhundert, von Aristoteles bis Descartes, war die vorherrschende Meinung, dass Grundwasser durch geheimnisvolle Kanäle vom Meer in die Berge fließt, wo es in Quellen zutage tritt [Q1].

Heute wissen wir, dass das nicht stimmt. Aber wussten Sie auch, dass Grundwasser die reichhaltigste Frischwasserquelle der Erde ist und rund 99 Prozent des flüssigen Süßwassers ausmacht [Q2]? Diese lebenswichtige Ressource liefert nicht nur weltweit die Hälfte des Trinkwassers [Q3], sie spielt auch eine wichtige Rolle dabei, menschliche Aktivitäten zu unterstützen, etwa bei Hochwasserschutzmaßnahmen, der Bekämpfung von Meerwassereinbrüchen, der Versorgung aquatischer Ökosysteme, und dient als wesentliches Speicherelement für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel.

Grundwasserressourcen in Gefahr

Doch obwohl Grundwasser so wichtig ist, wird es noch immer nur mangelhaft verstanden, nicht ausreichend wertgeschätzt [Q4] und nicht gut genug verwaltet [Q3].

In dem Maß, in dem menschliche Aktivitäten und der Klimawandel zunehmen, wächst auch die Abhängigkeit von und der Druck auf Grundwasserressourcen, die in einem Umfang gepumpt werden, der alarmiert und nicht aufrechtzuerhalten ist. In der Folge führt die Übernutzung von Grundwasserleitern vielerorts dazu, dass die Erdoberfläche absinkt, Quellen austrocknen, Flüsse an Durchflussmenge verlieren, Ökosysteme anfälliger für Verschmutzung werden und Meerwasser leichter eindringen kann. Insbesondere Küstengebiete leiden zunehmend unter einer unzureichenden Trinkwasserversorgung, die durch die Versalzung des Ackerlandes noch verschärft wird. Dieser Trend wird sich voraussichtlich aufgrund der Folgen des Klimawandels noch verstärken.

Künstliche Grundwasseranreicherung als Lösung

Wird Grundwasser klug und nachhaltig bewirtschaftet, etwa durch künstliche Grundwasseranreicherung (Managed Aquifer Recharge, MAR), hat es großes, bisher ungenutztes Potenzial, um die Wassersicherheit zu verbessern, vor allem in Zeiten des Klimawandels [Q4].

Doch trotz der zahlreichen Vorteile (darunter finanzielle und ökologische) ist der Beitrag von MAR zur Wassersicherheit auf globaler Ebene noch begrenzt. Die Gründe hierfür sind unter anderem eine fehlende öffentliche Akzeptanz für MAR, offene Fragen zu weiterreichenden Folgen sowie fehlende Kapazitäten und Ressourcen für ein optimales operatives Management. Diese Hindernisse können mithilfe von Echtzeit-Daten zu geohydrologischen Prozessen abgebaut werden, die dabei helfen, die Grundwasser-Wiederauffüllung zuverlässig zu überwachen und die damit verbundenen Risiken vorherzusagen und zu minimieren.

An dieser Stelle ist es wichtig anzumerken, dass MAR kein Patentrezept ist. Ob ein MAR-System angewendet werden kann und welche Vorteile es bringt, hängt von verschiedenen technischen und sozio-ökonomischen Aspekten ab. MAR sollte als integrierte Lösung gesehen werden, für die mehrere Wasserquellen und widerstreitende Interessen solide gemanagt werden müssen.

adelphis Beitrag

Um die mit MAR verbundenen Risiken zu reduzieren, hat adelphi im Rahmen des Projektes SMART-Control MAR-Akteur:innen in Zypern und Brasilien in der Nutzung eines innovativen webbasierten Systems zur Echtzeit-Überwachung und -Kontrolle (Real-time Monitoring and Control System, RMCS) – einschließlich eines Systems zur Unterstützung von Entscheidungen (Decision Support System, DSS) von INOWAS – geschult und deren Einbindung gefördert. Darüber hinaus untersuchte adelphi zusammen mit Interessengruppen Nutzungsmöglichkeiten des RMCS an neuen Standorten, um so in den kommenden Jahren eine weiträumigere Anwendung von MAR zu fördern.

Im Folgenden sind die wichtigsten Ergebnisse von adelphis Aktivitäten zur Risikoreduktion bei der künstlichen Grundwasseranreicherung aufgeführt:

Die Rückmeldungen von Teilnehmenden an den Schulungen zeigen, dass ein großes Interesse an MAR-Lösungen und den dazugehörigen Instrumenten zur Überwachung und Steuerung besteht. Beteiligte und Interessengruppen zu schulen und einzubinden erwies sich als tragende Säule, um Lösungen zu entwickeln, die Barrieren für die Umsetzung von MAR abbauen.
Eine Untersuchung der Bedürfnisse von MAR-Akteur:innen an den Pilotstandorten in Brasilien und Zypern zeigte einen besonders hohen Bedarf an folgenden Schulungsthemen: (a) Echtzeit-Überwachung mit Online-Sensoren einschließlich der Visualisierung und Interpretation der Daten; (b) Vorhersagen auf der Basis von Grundwassermodellen und die Modellierung verschiedener Szenarien; (c) mikrobielle Risikobewertung und (d) Kosten-Nutzen-Analyse für MAR-Systeme.
Die ersten drei Themen werden vom INOWAS DSS gut abgedeckt, das bisher allerdings darauf begrenzt ist, die technische und ökologische Machbarkeit von MAR zu analysieren. Obwohl die Bewertung von Kosten und Nutzen von MAR immer mehr in den Fokus rückt [Q5], sind vorhandene Kosten-Nutzen-Tools auf Excel-Anwendungen beschränkt, die oft schwer zu handhaben sind. adelphis Team hat vor Kurzem einen Projektantrag eingereicht, der die Einbindung eines Kosten-Nutzen-Tools in das INOWAS-DSS enthält, um so Barrieren für die Anwendung durch die webbasierte Umsetzung abzubauen und Entscheidungstragenden dabei Orientierung zu geben, wenn sie die wirtschaftlichste und nachhaltigste Möglichkeit für MAR suchen.
Interaktive Diskussionen und Feedback-Runden haben folgende Hauptrisiken ergeben, die MAR-Akteur:innen als wichtige, zu adressierende Herausforderungen einschätzten (viele der Antworten beziehen sich auf die Wiederverwendung von Wasser durch MAR, wie sie am Pilotstandort in Zypern Anwendung findet):

In Brasilien betonten die Beteiligten, wie wichtig eine entsprechende Gesetzgebung ist, um MAR-Systeme zu etablieren. Damit die Umsetzung und der Betrieb von MAR glatt laufen, ist eine stärkere Regierungsführung nötig, beispielsweise indem ein Lizenzsystem eingeführt und technische Richtlinien und Standards erlassen werden.
Behörden hoben hervor, dass zukünftige Projekte neben Vorführanlagen auch den gesetzlichen Rahmen, die Finanzierung sowie Anreize für MAR berühren sollten, um die Wirkung zu maximieren.

adelphi hat daran mitgewirkt, das Bewusstsein für eine nachhaltige Nutzung von Grundwasserressourcen zu schärfen und Kapazitäten dafür aufzubauen. Auf diese Weise wollten wir das Grundwasser nicht nur ein wenig entzaubern, sondern vielmehr eine nachhaltige Ausschöpfung seines Potenzials zur Klimaanpassung und Wassersicherheit in den kommenden Jahren voranbringen.

Quellen

Gun, J.v.d. and Margat, J. 2013. Groundwater around the World: A Geographic Synopsis. ISBN: 978-0-203-77214-0
United Nations 2022. The United Nations World Water Development Report 2022: Groundwater: Making the invisible visible. UNESCO, Paris. URL: https://unesdoc.unesco.o…
International Groundwater Resources Assessment Center 2018. Groundwater overview: Making the invisible visible. URL: https://www.un-igrac.org…
Villholth, K.G. and Sticklor, R. 2022. Exploring the untapped potential of managed aquifer recharge, Blog entry, URL: https://www.iwmi.cgiar.o…
Zheng, Y.; Ross, A.; Villholth, K.G.; Dillon, P. (Eds.) 2021. Managing aquifer recharge: A showcase for resilience and sustainability. Paris, France: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO). 379p. ISBN: 978-92-3-100488-9